Schau&Spiel

Was hat Theater mit dem “echten Leben” zu tun? Ist doch alles nur gespielt. Man schlüpft in eine Rolle, tut so als wäre man jemand anderes. Theater ist Spiel.

Stimmt. – Im Spiel aber ist der Mensch am intensivsten er selbst. Im Spiel findet er Räume, also Spielräume, in denen er befreit ist von Zwang. Dort kann er Alternativen erproben, die ihm die Rolle, die er im Alltag erfüllt, nicht zugesteht.

Spiel bedeutet Freiheit. Übliche Bewertungskriterien, wie „richtig“ oder „falsch“ greifen nicht. Man probiert ja nur aus.

Gute SchauspielerInnen sind in der Lage, sich in quasi jede Rolle hineinzuversetzen. Um einen König darzustellen, reicht es nicht, eine ­Krone aufzusetzen. Eine glaubwürdige Umsetzung der Rolle lebt von der authentischen Darstellung echter Gefühle. Der Schaupieler spielt den König nicht einfach nur, sondern er IST diese Person in dem Moment. Diese Glaubwürdigkeit erzeugt er, indem er etwa Trauer nicht spielt, sondern empfindet und das wiederum erweckt echte Gefühle und somit Resonanz im Zuschauer.

Wie fühlt es sich an, in andere Rollen zu schlüpfen?
Ja genau! Wie FÜHLT es sich an? Wir sind gut in Kopf­arbeit. Wir vollbringen intellektuelle Höchstleistungen, verarbeiten riesige Informationsmengen. Der Verstand ist eine zentrale Säule unserer Identität. Doch das Gefühl erst lässt uns begreifen. Und das Gefühl hockt in unserem Körper.

Ein Beispiel: Egal, wie viele Biografien über PilotInnen und Wikipedia-Einträge über Flugzeuge wir lesen, egal welche Daten wir über das Fliegen sammeln, wir ­wissen noch nichts darüber, wie es sich anfühlt, zu fliegen. Es ist das Gefühl, das uns eine Sache wirklich begreifbar macht. Und zwar das ganz eigene Gefühl, das sich von der Erfahrungswelt des Mitmenschen sehr unterscheiden kann.

Um diese Erfahrungen nutzen zu können, müssen wir sie bewußt wahrnehmen, verstehen und speichern.

Und wofür nützt es im echten Leben, einen König, eine Königin gespielt zu haben? Es fördert die Fähigkeit, Verhaltensweisen bewußt abrufen zu können.

Und es macht erfahrbar, wie wichtig es ist, dass wir fühlen, was wir tun.